Adelheid Dahimène

BUTTERMESSER DURCHS HERZ – Fügungen

ISBN: 978-3-85415-375-7

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128 Seiten, brosch., erschienen 2005


Inmitten von ondulierenden Faschingsrollen und Maskengesichtern, Revolvergeknatter, Himbeersafttiraden aus Spritzpistolen, Prinzessinnen, Hexen, Schildbürgern aller Streichgattungen gehen der Mann und die Frau Schuhhand in Schuhhand. Manchmal rieselt ein gemeinsamer Schauder über ihre Körper hin, wenn sie sich ansehen und wissen oder eine Feuerwerksrakete Neonlichtsträuße auf sie herabregnet, dann halten sie die blanken Gesichter in das Funkenbukett, auf daß es ihnen Lötmale brenne von Wange zu Wange, Kontakte schließe, daran das Lächeln des einen hinüber zum anderen einen Bogen spannen könne.

Adelheid Daminène erzählt von höchst wechselhaften Fügungen zwischen Mann und Frau: aus Körperbewegungen, Stellungen im Raum, pflanzt sich der Atem fort, das Leben wird an Blicken weitergetrieben, die Geschautes und Imaginiertes verkuppeln zum Hologramm eines Wandelbildes. Im Liegen auf tiefem Grund zieht die Existenz in Wellenschwüngen vorbei, eine sitzende Frau folgt Kehre um Kehre der Wendeltreppe einer Fotoserie, die später ein Paar ablichtet, das aufrecht stehend sich mit Tennisschlägern den Herzball zuspielt, unermüdlich hin und her, bis Mann und Frau die Haltung wechseln und im Gehen durch den Jahreskreis zueinanderkommen. Zwischen Warten und Aufbruch stanzt der Leerlauf Sternbilder aus der Nacht und markiert die Wände mit den Kerben seiner Fingernägel.

Der nach innen gewandte Teil des Auges durchstreifte einen verrußten Abgrund, von dessen steilen Wänden ein Eishauch wehte, während über den Tisch im selben Verhältnis zur Außendrehung des Blicks die Dinge hinabglitten, ein Buttermesser, das wie ein Skalpell aussah, ein Fleischhammer als Haarbürste, Sequenzen von Fotos in Form eines Wendelbildes, ein Spiegel rutschten in die Öffnung zwischen Vorder- und Rückwand des Sehkörpers und fielen auf den Boden der ausgeweideten Fläche. Der ungewendete Ausschnitt der Augen bildete nur noch einen schmalen Spalt, darin der Fuß eines Tischbeines stand, auf daß die Möglichkeit einer Rückkehr gegeben.

Wie jede gute Märchenerzählerin seit dem ”andalusischen Hund” weiß Dahimène um das Eigenleben der Dinge und die Brisanz der Sehschärfe angesichts einzementierter Blickwinkel auf menschliche Vertiefungen – „konzentrische Kreise um statische Momente gelegt. Es sind autistische Muscheln vor der Versteinerung, zu Paaren gefügt.“

Eine andere österreichische Autorin hat für solche Verdrehungsakrobatik sogar den Literaturnobelpreis bekommen. Nur daß sie bei ihrem Werkeln eine Handvoll Obsessionen auslebt und in den entsprechenden Punkten so unnachgiebig wie möglich ist, während Dahimène auf Geschmeidigkeit Wert legt. Keine Obsession. Nur ein paar Sehnsüchte und das Glück der einfachen Wahrnehmung, die Wahrnehmung des Einfachen. Das die Worte dann, wie gesagt, verstellen. 

(Neue Zürcher Zeitung, 25. 3. 2006)


Adelheid Dahimène

* 1956 in Altheim, Oberösterreich,
† 2010 in Freiburg im Breisgau (D)

Adelheid Dahimène schrieb für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, es sind zwei Prosa-Bände, drei Jugendromane und acht Bilderbücher mit Illustrationen von Heide Stöllinger erschienen.
Für zwei ihrer Jugendbücher erhielt sie den Österreichischen Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur (1998 u. 2004).

Bisher erschienene Titel im Ritter Verlag:

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